Ist Indien auf dem Weg zur elektronischen Rechnungsstellung im B2B?

Filippa Jörnstedt
Juni 20, 2019

Mehr und mehr Staaten weltweit sind von Mehrwert-, Verbrauchs- und sonstigen indirekten Steuern als größte staatliche Einnahmequelle abhängig und die Regierungen fragen sich natürlich, mit welchen technischen Mitteln sie die maximale Menge an fälligen Steuern nach den neuen Steuerbestimmungen erheben können. Indien ist dabei das neueste Beispiel.

Die GST (Verbrauchssteuer) wurde im Juli 2017 in Indien eingeführt, nachdem viele Jahre der Gespräche und Verhandlungen zwischen verschiedenen Interessengruppen im Land erfolgt waren. Die Reform führte zu wesentlichen Vereinfachungen und Optimierungen des Steuerwesens in Indien. Obwohl der Weg bei der Einführung der Steuer sehr holprig war, ging im internationalen Vergleich alles sehr schnell. Nach fast zwei Jahren wird die Einführung weithin als Erfolg betrachtet und die Regierung ist scheinbar bereit, die GST-Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben und Echtzeit-Steuerkontrollen für die elektronische Rechnungsstellung im B2B-Bereich einzuführen.

Indien ist auf dem Weg zur Echtzeit-Steuererhebung

Dieses Frühjahr kündigte das GST Council die Gründung eines Sonderkomitees mit der Aufgabe an, eine potenzielle indische Umsetzung eines Pflichtsystems zur elektronischen Rechnungsstellung im B2B zu untersuchen: das „Committee of Officers on generation of electronic invoice through GST Portal“ (CoO).

Das CoO wurde insbesondere damit beauftragt, das südkoreanische Clearance-System mit ähnlichen Systemen in Lateinamerika zu vergleichen, um die global bewährten Methoden zu erfahren und zu bewerten, in welchem Umfang die staatlich kontrollierte Plattform in Indien – das GST Network – als Zentralstelle für ein elektronisches Rechnungsstellungsverfahren nach Clearance-Methode geeignet ist.

Ende Mai bildete das CoO zwei Unterkomitees, die parallel arbeiten sollten: eines an rechtlichen und politischen Fragen und das andere an der Ausarbeitung der technischen Anforderungen. In den letzten Wochen sind die Arbeiten in diesen Gruppen sowie in Gesprächen zwischen Behörden und Unternehmen vorangekommen.

Das Komitee steht vor dem Abschluss der Erstberatungen, die Abschlussempfehlungen wurden jedoch noch nicht in einem Bericht veröffentlicht. Daher sind noch keine Gesetzesentwürfe, Rechnungsschemata oder Prozessrahmenentwürfe an die Öffentlichkeit gelangt; mit Ergebnissen wird jedoch diesen Sommer gerechnet.

Wie würde das System aussehen?

Es ist zwar noch zu früh, das indische elektronische Rechnungsstellungssystem wirklich mit Gewissheit beschreiben zu können, doch Spekulationen sind natürlich bereits im Umlauf. Das CoO wurde insbesondere beauftragt, zu untersuchen, wie das aktuelle eWaybill-System als verpflichtendes System zur elektronischen Rechnungsstellung recycelt werden könnte. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass der neue Rahmen dem eWaybill-Prozess ähneln wird.

Zu diesen Ähnlichkeiten zählen das Prinzip der Erzeugung von Rechnungsnummerbereichen in (nahezu) Echtzeit durch eine zentrale Plattform, die dann im Rechnungsdokument enthalten sein muss, um eine steuerlich gültige Rechnung darzustellen. Mit anderen Worten: Dieser Systemtyp hätte keine Ausstellung der Rechnung in einem Freigabeportal wie in Italien zur Folge, sondern würde eine etwas „softere“ Version eines elektronischen Rechnungsstellungssystems auf Freigabebasis darstellen.

Was geschieht als Nächstes?

Elektronische Rechnungsstellung ist schon seit einigen Jahren gesetzlich möglich und praktisch Realität, demzufolge nutzen bereits viele Unternehmen im Land PDF-basierte elektronische Rechnungsstellung. Angesichts der Größe der indischen Volkswirtschaft und ihrer Rolle in globalen Fertigungsprozessen wird jede große Reform der elektronischen Rechnungsstellung starke Auswirkungen haben – nicht nur auf örtliche Unternehmen, sondern auch auf den internationalen Handel als solches.

Am 21. Juni soll das GST Council allgemein das Thema Steuerkontrollen und die Steigerung der erhobenen Steuern durch moderne Compliance-Anforderungen besprechen. Es bleibt fraglich, ob das GST Council bereit für eine formelle Entscheidung zur Einführung der verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung im Land oder bereit zur Veröffentlichung eines übergeordneten Rahmens für die grundlegenden Überlegungen wie Umfang, Datum des Inkrafttretens und generelle technische Prinzipien ist.

Falls nicht, ist das immer noch kein Grund zur Sorge über eine verzögerte Entscheidung. Falls überhaupt, sollte man eher mit dem Gegenteil rechnen: Die Regierung unter Präsident Modi hat mehrfach bewiesen, wie schnell sie Dinge erledigen kann. Nach den kürzlichen Wahlen vor nicht einmal einem Monat ist es durchaus möglich, dass der gestärkte Präsident dieses Projekt beschleunigen wird.

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Author

Filippa Jörnstedt

Filippa Jörnstedt is Director of Regulatory Analysis & Design at Sovos and leads Sovos regulatory research across VAT and other indirect taxes globally. Based in Stockholm, Filippa’s background is in international trust and tax regulations, focusing on global developments in tax controls such as e-invoicing, e-reporting and e-signing requirements. Fluent in English, Italian, French, Romanian and her native tongue Swedish, Filippa earned her degree in Law from Lund University in Sweden.
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