Portugal stellt neue Vorschriften für die elektronische Rechnungslegung auf: ein Hauch eines Abrechnungssystems, aber nicht ganz

Francisco de la Colina
März 21, 2019

Am 15. Februar 2019 veröffentlichte Portugal das Gesetzesdekret 28/2019 über die Verarbeitung, Archivierung und Entmaterialisierung von Rechnungen und anderen steuerrechtlich relevanten Dokumenten. Darin geht es u. a. um Folgendes:

  • Verpflichtender Einsatz zertifizierter Rechnungsstellungssoftware
  • Allgemeine Anforderungen für Papier- und elektronische Rechnungen
  • Entmaterialisierung von Steuerunterlagen
  • Archivierung von Steuerunterlagen (u. a. Hauptbücher usw.)
  • Verwandte steuerrechtliche Vorschriften und Pflichten

Das Dekret zielt auf die Vorschriftskonsolidierung sowie die Förderung der Einführung elektronischer Methoden für den Umgang mit Steuerunterlagen und deren Archivierung ab. Zudem wird durch die Einführung strengerer Kontrollen im Zusammenhang mit der Identifizierung von Rechnungsstellungssoftware versucht, Steuerhinterziehung zu vermeiden. Hierzu gehören die Identifizierung davon, wo sich Rechnungsstellungsterminals befinden, die verpflichtende Angabe eines eindeutigen Dokumentencodes (UUID) in dem steuerrechtlichen Dokument sowie die Identifizierung des Transaktionsorts.

Dem Gesetzesdekret zufolge müssen Papier- sowie elektronische Rechnungen anhand zertifizierter Rechnungsstellungssoftware verarbeitet werden. Letztere muss u. a. die Rechnungsinhalte entsprechend dem Umsatzsteuerrecht ausfüllen. Vereinfachte Rechnungen (mit einem Wert unter 100 €) können allerdings über „sonstige elektronische Rechnungsstellungsmittel“ wie Bankautomaten verarbeitet werden. In dem Gesetzesdekret sind auch Krisensituationen geregelt, in denen die Rechnung auf vorgedruckten Dokumenten basieren muss.

Was ist neu?

Ausweitung des Geltungsbereichs für den verpflichtenden Einsatz zertifizierter Rechnungsstellungssoftware

Die Verpflichtung zum Einsatz von durch die Steuerbehörde zertifizierter Rechnungsstellungssoftware ist in Portugal nichts Neues. Infolge der Änderungen in dem neuen Gesetzesdekret gilt diese Verpflichtung jetzt aufgrund eines niedrigeren Schwellenwerts der Vorschrift allerdings für mehr Steuerzahler.  Bislang waren nur Unternehmen (mit dauerhafter Ansässigkeit in Portugal) mit einem Vorjahresumsatz von mindestens 100.000 € betroffen.  Nun gilt die Vorschrift ab 2019 für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 75.000 € und ab 2020 mit einem Umsatz ab 50.000 €.

Eindeutiger Rechnungscode

Das Dekret besagt auch, dass Rechnungen ab dem 1. Januar 2020 einen den staatlichen Anforderungen entsprechenden eindeutigen Rechnungscode (UUID) aufweisen müssen. Der Code muss auf gedruckten Rechnungen auch als QR-Code zu sehen sein. Beide Anforderungen sind neu und Softwareanbieter müssen ihre Lösungen künftig an diese neuen rechtlichen Vorgaben anpassen.

Vorherige Genehmigung von Rechnungsserien

Das Gesetzesdekret verpflichtet Steuerzahler zudem dazu, der Steuerbehörde vor dem Ausstellen von Rechnungen die von dem jeweiligen Unternehmen verwendete Rechnungsserie mitzuteilen. Die Steuerbehörde weist dann jeder Serie einen Code zu, der verpflichtend in die neue UUID aufgenommen werden muss. In vielen anderen Ländern – insbesondere, wo ein Abrechnungsmodell eingeführt wurde – gelten ähnliche Anforderungen. In lateinamerikanischen Ländern mit einem Abrechnungssystem müssen Steuerzahler häufig entweder vorherige Rechnungsspannen bei der Steuerbehörde anfragen, eine Rechnungsserie von der Steuerbehörde genehmigen lassen oder die Nummerierung direkt von der Steuerbehörde im Zusammenhang mit dem Abrechnungsprozess durchführen lassen. Ein gutes Beispiel für den ersten Fall sind Chile und Kolumbien. Dort müssen Steuerzahler die vorherige Genehmigung einer Rechnungsspanne seitens der chilenischen Steuerbehörde einholen. Ein Beispiel für den zweiten Fall ist Mexiko. Dort werden die Rechnungen von dem Staatsbeauftragten nummeriert, der in den Abrechnungsprozess eingreift. Im EU-Kontext ist eine solche Anforderung jedoch ein Novum und belegt einmal mehr, dass sich Europa im Hinblick auf das Umsatzsteuerrecht von entsprechenden Erfolgen in Lateinamerika inspirieren lässt.

Gewährleistung der Integrität und Authentizität von Papier- und elektronischen Rechnungen

Im Hinblick auf die Gewährleistung der Integrität und Authentizität von Papier- und elektronischen Rechnungen ist zu beachten, dass das Dekret von der Richtlinie 2010/45/EU abweicht: Die Möglichkeit des Einsatzes von Unternehmenskontrollen für ein zuverlässiges Prüfprotokoll (im Folgenden, „BCAT“) zur Gewährleistung der Integrität und Authentizität von Papier- und elektronischen Rechnungen ist ausdrücklich auf papierbasierte Rechnungen beschränkt. Zudem müssen diese Kontrollen ordnungsgemäß dokumentiert werden.

Bei elektronischen Rechnungen (d. h. auf elektronischem Wege ausgestellte und empfangene Rechnungen) sind Integrität und Authentizität gewährleistet, wenn eine der folgenden Methoden verwendet wird: qualifizierte elektronische Signatur, qualifiziertes, den e-IDAS-Vorschriften entsprechendes elektronisches Siegel oder elektronischer Datenaustausch (EDI) mit sicheren und dokumentierten Prozessen zur Gewährleistung von Integrität und Authentizität. Steuerzahler haben für den Wechsel zu den neuen Methoden zur Gewährleistung von Integrität und Authentizität für elektronische Rechnungen bis zum 31. Dezember 2020 Zeit.

Portugal setzt seine eigenen Vorstellungen im Hinblick auf die Gewährleistung von Integrität und Authentizität um. Es nähert sich dabei lateinamerikanischen Ländern mit einem Abrechnungssystem an, in denen solche Gewährleistungen ausschließlich durch digitale Signaturen elektronischer Rechnungen erzielt werden. Hinsichtlich der Unterschiede zwischen den einzelnen Methoden (BCAT für Papierrechnungen und elektronische Signaturen sowie EDI für elektronische Rechnungen) liegt eine ausdrückliche Präferenz für elektronische Signaturen und EDI gegenüber BCAT-Methoden im Hinblick auf die Gewährleistung von Integrität und Authentizität vor.

Neue Pflichten

Neben den neuen Rechnungsstellungsanforderungen verpflichtet das Gesetzesdekret Steuerzahler auch zur Übermittlung weiterer Informationen an die Steuerbehörde. Hierzu gehört Folgendes:

  • Identifizierung und Lokalisierung der Firma, von der die Rechnungen ausgestellt werden
  • Identifizierung von Gerätschaften, die zur Rechnungsverarbeitung verwendet werden
  • Für die einzelnen Geräte verwendete Rechnungsstellungssoftwarenummer
  • Identifizierung der für die Bereitstellung der Rechnungsstellungslösungen zuständigen Händler oder Unternehmen

Steuerzahler, die bereits umsatzsteuerpflichtige Aktivitäten durchgeführt haben, müssen die oben genannten Informationen bis zum 30. Juni 2019 angeben.

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Francisco de la Colina is a lawyer working on the regulatory team at Sovos TrustWeaver.
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